Montagesystem ist entscheidend für Sicherheit und Effizienz

An den Aufständerungen der Solarkollektoren lassen sich in Lemgo im Vergleich zu anderen Solarthermie-Megawattanlagen einige Besonderheiten beobachten. Christian Stadler, Leiter für Großprojekte Solarthermie bei Viessmann, beantwortet dazu einige Fragen:

Herr Stadler, auffällig ist, dass die Kollektortische nur eine Reihe von "Beinen" haben. Bei den bisher in Deutschland realisierten Solarthermie-Freiflächenanlagen sieht man meist zwei Reihen von gerammten Pfählen pro Kollektorstrang. Warum hat sich Viessmann für diese Bauform entschieden? Welche Vorteile bringt das?

Christian Stadler: Das hat mit der leichteren Zugänglichkeit zu tun. Zwischen und unter den Kollektoren lässt sich beispielsweise einfacher das Gras mähen. Das spart natürlich Kosten im späteren Betrieb. Wir können diese Bauform anbieten, solange die Windbelastung an dem Standort mitmacht. In Lemgo ist das kein Problem.

Kommen die Gestelle aus dem Photovoltaik-Bereich oder handelt es sich um eine Spezialanfertigung?

Stadler: Natürlich ist dieses Montagesystem speziell für unseren Kollektor designed. Es gibt aber Analogien zur Photovoltaik

In Lemgo setzen Sie einen Vakuum-Röhrenkollektor ohne CPC-Spiegel ein. Macht es für die Statik, also zum Beispiel für den Windwiderstand und die Schneelast, einen Unterschied, ob Flachkollektoren oder Röhren montiert werden - und ob hinter den Röhren eine CPC-Fläche den Luftstrom behindert?

Stadler: Bei reinem Wind ist der Röhrenkollektor aufgrund seiner Zwischenräume natürlich weniger belastet. Wenn man die seltene, aber mögliche, Kombination aus geschlossener Schneedecke auf den Kollektoren UND Wind betrachtet, dann muss das System auch diese Last tragen.

Unser Hauptgrund für das Weglassen des rückseitigen Spiegels ist nicht die Statik, sondern die bessere Reinigung des Kollektors. Dies ergibt einen dauerhaft hohen Ertrag, da die Rückseite eines Kollektors über die Jahre verschmutzt und nicht von Regen und Schnee gereinigt wird.

Ist Statik bei Freiflächen überhaupt ein großer Kostenfaktor oder geht es bei der Auswahl geeigneter Montagesysteme eher um Montagezeit?

Stadler: Eine statische Berechnung und Freigabe ist die Vorbedingung für alles. Das Montagesystem muss außerdem die saubere Fixierung des Kollektors ohne mechanischen Stress für mindestens 25 Jahre gewährleisten. Das sind die beiden Top-Kriterien. Danach sind aber Materialaufwand, Montagezeit und Service-Freundlichkeit die Entwicklungskriterien.

Warum werden die Kollektoren in Lemgo in einem so extrem flachen Winkel zur Sonne montiert? Geht da nicht einiges an Ertrag verloren?

Stadler: Der Aufstellwinkel ist fast immer das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsoptimierung. Da geht es um den Abstand für Verschattung und den optimalen Winkel. Letzterer kann auch vom Zusammenspiel mit den sonstigen Erzeugungskapazitäten im Fernwärmenetz abhängen. Also: Soll die Anlage einfach nur möglichst viele Kilowattstunden übers Jahr liefern, oder geht es zum Beispiel auch darum bestimmte Erzeugungseinheiten während der Sommermonate verlässlich zu ersetzen.

In Lemgo gibt es zusätzlich eine Auflage, dass die Anlage nicht höher als 2 Meter sein darf. Das ist Bestandteil der Genehmigung. Die Kommune hat Wert darauf gelegt, dass die Anlage optisch möglichst unauffällig sein soll. Deshalb beträgt die Neigung der Kollektoren hier nur 18 Grad. Die Reduzierung im Ertrag wird aber nur wenige Prozent betragen. Zusätzlich war es der Wunsch, aus der Anlage einen möglichst hohen erneuerbaren Ertrag zu erzielen.

Vielen Dank, Herr Stadler, für diese Infos. Sie mussten dafür hoffentlich keine Betriebsgeheimnisse verraten ...

Stadler: Keine Sorge – dann würden Sie keine direkte Antwort erhalten haben. Wir finden es sehr wichtig, dass technische Informationen über Solarthermie in Wärmenetzen offen und korrekt kommuniziert werden. Wir stellen bei potenziellen Anwendern inzwischen ein hohes Interesse an der Technologie fest, aber oft mangelt es noch am Know-how. Insofern unterstützen wir gern die Initiative des AGFW und der Stadtwerke Lemgo für diesen Bau-Blog.

Interview und Fotos: Guido Bröer

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