Viel Know-how und Praxiswissen zur kommunalen Wärmeplanung - erste Veranstaltung des AGFW in Frankfurt vermittelte Grundlagen

31.03.2023
Wie können Städte und Gemeinden künftig klimaneutral mit Wärme versorgt werden? Diese Frage beschäftigt derzeit Kommunen, Wärmeversorger und Wohnungsunternehmen in ganz Deutschland. Antworten kann eine „kommunale Wärmeplanung“ (kWP) bieten, die, bereits in einigen Bundesländer verpflichtend ist und künftig für immer mehr Kommunen verpflichtend sein wird. Wer neben Stadt oder Gemeinde noch daran beteiligt sein sollte, wie die Planung abläuft und worauf noch zu achten ist, darüber informierte der AGFW am 29. März 2023 im Rahmen einer Veranstaltung in Frankfurt. Über 40 Teilnehmer aus Stadtwerken, Kommunen und Dienstleistern waren der Einladung des Fernwärme-Spitzenverbandes gefolgt und beteiligten sich rege an der Diskussion, der ausgebuchten Veranstaltung.

Praxisleitfaden zeigt strukturellen Aufbau der kWP

Gemeinsam mit dem DVGW hat der AGFW vor kurzem den „Praxisleitfaden kommunale Wärmeplanung“ veröffentlicht. Dieser hilft Kommunen bei der Wärmeplanung und den nachfolgenden Schritten, zeigt den strukturellen Aufbau einer kWP und benennt relevante Stakeholder. In ihren Vorträgen erklärten Harald Rapp, AGFW-Bereichsleiter Stadtentwicklung sowie Thomas Wencker vom ASUE im DVGW e. V. die wichtigsten Inhalte des Leitfadens, zeigten die kommunalen Handlungsoptionen sowie die Fördermöglichkeiten auf und erläuterten die mögliche Rolle von Technologien wie Wärmepumpen und Wasserstoff. Aufgrund der unterschiedlichen geografischen Gegebenheiten können zudem zwischen den einzelnen Planungen große Unterschiede liegen. Im Norden Deutschlands wird viel mit der Windenergie und der Biomasse gearbeitet, im Süden stehen dagegen geothermische Potenziale stärker zur Verfügung. Wichtig, so Harald Rapp, sei vor allem die „Verdrillung“ der Akteure bei den Verfahrensschritten einer Wärmeplanung. Von der Bestands- über die Potenzial- bis zur Szenarienanalyse müssten Gemeinde, Versorgungsunternehmen, Wohnungswirtschaft und weitere Stakeholder eng vernetzt sein. Ebenfalls zu beachten sei die Sozialstruktur vor Ort, so Thomas Wencker. Im Rahmen einer Wärmeplanung müsse man die Menschen mitnehmen, damit am Ende niemand auf die Barrikaden gehe.

Handlungsdruck für Kommunen steigt

Vor welch großem Handlungsdruck die Kommunen derzeit insgesamt stehen, verdeutlichte Rechtsanwalt und Ministerialrat a.D. Michael Köppl in seinem Impuls zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hatte das Klimaschutzgesetz des Bundes im März 2021 für verfassungswidrig erklärt. In seinen Überlegungen habe das Gericht ausgeführt, so Köppl, dass der Staat über die Grundrechte verpflichtet sei, bei allen Entscheidungen die Klimaneutralität zu beachten und die CO2-Reduktionslasten zwischen den Generationen gerecht zu verteilen. Diese Überlegungen beträfen alle an das Grundgesetz gebundene Stellen, also Bund, Land, Landkreise und Gemeinden. Auch vor diesem Hintergrund sei es hinsichtlich der Praxisfolgen der Entscheidung  für die Kommunen wichtig, sich mit der Klimaneutralität im Bereich der Wärmeversorgung zu beschäftigen. Eine kommunale Wärmeplanung biete hier einen guten Anknüpfpunkt.

Zusammenwirken der Akteure wichtiges Erfolgskriterium der kWP

Über die technisch-wirtschaftlichen Grundlagen sowie die einzelnen Phasen einer kommunalen Wärmeplanung informierte im Anschluss Prof. Dr. Markus Blesl vom Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart. Seinen Vortrag begann er mit einem ersten Zwischenfazit zur kommunalen Wärmeplanung. Diese bringe verschiedene Akteure zusammen, die auch tatsächlich zusammen etwas erarbeiten müssen, damit eine kommunale Wärmeplanung nachhaltig erfolgreich sein könne. Er erläuterte den Teilnehmern die Phasen der kWP, bei der zunächst im Rahmen der Bestandsanalyse der Wärmebedarf der Kommune ermittelt wird. In der Szenarienentwicklung wird unter anderem eine Potenzialanalyse erneuerbarer Energiequellen vorgenommen, um danach Zielszenarien zu entwickeln. Diese beschrieben, so Blesl, die notwendigen Schritte, damit eine Kommune dekarbonisiert werden kann.

Kommunikation zwischen Kommunen und Unternehmen entscheidend

Die wichtige Rolle der Wärmeversorger im Rahmen der kWP verdeutlichte Guido Schwabe aus dem AGFW-Fachbereich Erzeugung, Sektorkopplung & Speicher. Versorger wie Stadtwerke hätten im Rahmen des Förderprogramms BEW bereits zahlreiche Transformationspläne erstellt. Diese zeigen die Planungen zur Dekarbonisierung der lokalen Wärmenetze und müssten, so Schwabe, im Rahmen einer kommunalen Wärmeplanung unbedingt berücksichtigt werden. Dass gute Kommunikation ein Schlüssel für das Gelingen der kommunalen Wärmewende insgesamt sein kann, erläuterte AGFW-Pressesprecher Christopher Martin. Kommunale Wärmeplanung müsse von den Akteuren als Chance gesehen werden, die Bürgerinnen und Bürger vor Ort „mitzunehmen“, sodass sie die Planungen der Gemeinde in ihren eigenen Sanierungsplänen für Gebäude und Heizung berücksichtigen. Dadurch, dass die Thematik der Wärmeerzeugung und die Wärmepreise von der breiten Öffentlichkeit bereits heute stark wahrgenommen wird, sollte die Kommunikation möglichst frühzeitig geplant werden.

Praxisbeispiele vermitteln erste Erfahrungswerte

Der zweite Teil der Veranstaltung stand ganz im Zeichen erster Erfahrungen mit der kommunalen Wärmeplanung. Beispiele aus Freiburg im Breisgau, Rostock und Erfurt vermittelten den Teilnehmern wichtige Erfahrungswerte aus der Praxis. Susanne Ochse von der GEF Ingenieur AG und Magdalena Magosch vom Umweltschutzamt der Stadt Freiburg im Breisgau zogen beispielsweise das Fazit, dass die Rollenverteilung zwischen Kommune, Versorger und Dienstleister jeweils vor der Ausschreibung geklärt werden sollte. Auch die Mindest-Anforderungen sollten nach Möglichkeit nicht zu breit gefächert werden, um den Prozess insgesamt nicht zu überfrachten. Mit einer zentralen Website für das Thema Wärme, einem Bürgerrat und kontinuierlicher Öffentlichkeitsarbeit habe die Stadt im Rahmen des Prozesses sehr gute Erfahrungen gemacht.

Anhand des Wärmeplans Rostock 2035 verdeutlichte Andrea Arnim vom Amt für Umwelt- und Klimaschutz der Hansestadt Rostock, welche Anstrengungen in ihrer Kommune unternommen wurden, um die Wärmeversorgung klimaneutral aufzustellen. Zu den Maßnahmen zählten dort unter anderem die Bildung einer Projektgruppe Wärmeplan, verschiedene Foren mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern sowie eine Abfrage ihrer Bedürfnisse beim Thema Wärmeversorgung.

Impulse aus Thüringen vermittelten in ihren Vorträgen Kay Eberhardt von der SWE Energie GmbH in Erfurt sowie Thomas Wahlbuhl von der Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur ThEGA. Bis Ende 2022 hatte die SWE ein Wärmekonzept erstellt, in dem sie der Politik vermittelte, was technisch möglich ist und welche Rahmenbedingungen dazu nötig sind. Thomas Wahlbuhl von der ThEGA verdeutlichte, wie die Energieagenturen die Kommunen konkret in der Praxis unterstützen.

Zum Abschluss der Veranstaltung wurde die Plattform Grüne Fernwärme vorgestellt. Auf dieser werden Know-how und Aktivitäten rund um die kommunale Wärmewende gebündelt. Die Plattform vernetzt alle Akteure, die in den Verfahrensschritten einer Wärmeplanung tätig sind, sowie weitere Stakeholder rund um die kommunale Wärmewende. Für AGFW-Mitglieder ist die Teilnahme an der Plattform kostenlos möglich. Interessierte können sich per E-Mail an info(at)gruene-fernwaerme.de melden.

Pressekontakt:

Christopher Martin
Tel.: 069 / 95 43 16 0
E-Mail: christopher.martin(at)fup-kommunikation.de